Selektiver Mutismus

Selektiver Mutismus – Elektiver Mutismus

Was ist Mutismus wirklich?

Selektiver Mutismus (lat. mutitas „Stummheit“, mutus „stumm“) beschreibt einen Zustand, in welchem der Mensch nicht sprechen kann. Es liegt ein normales Sprachverständnis und Sprechen vor. Die Kinder sprechen aber nur unter bestimmten Umständen und nur mit ausgewählten Personen.

Wichtige Information: Mutismus in der ICD-11

Die ICD-11 ist die 11. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme.

Nach 12 Jahren Forschungsarbeit wurde im Mai 2019 der neue ICD-11-Katalog verabschiedet. In der Aktualisierung finden wir neben Trennungsängsten, Persönlichkeitsstörungen auch Mutismus. Endlich wird Mutismus als eine eigenständige Angststörung benannt. Im neuen ICD-11-Katalog hat Selektiver Mutismus die Ziffer 6B06  erhalten. Dort wird Mutismus als eine eigenständige, psycho-soziale Angststörung mit Beginn der Kindheit und Jugend bezeichnet.


Elektiven Mutismus definiert die WHO  in der ICD-11 (Stand 2019)  als eine psycho-soziale Phobie (Angst) mit Verhaltensbesonderheiten. Es handelt sich weder um eine Sprach- oder Sprechstörung noch um eine Kommunikationsstörung.

In der Gruppe F 94 (Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend) wird unter

F 94.0 elektiver Mutismus

geführt. In Deutschland ist auch der Begriff „selektiver Mutismus“  gebräuchlich.

Doch der Mensch ist, um sich sozial integrieren zu können, auf Mitteilungen angewiesen. Erst Gedankenaustausch, Kommunikation ermöglichen das Zusammenwirken, das Zusammenleben einer Gemeinschaft. Das wichtigste und primäre Kommunikationsmittel ist dabei die Sprache. Um so tragischer ist der elektive Mutismus.

Für Deutschland wird von ca. 400.000 vom Mutismus Betroffenen gesprochen. Die Geschlechtsverteilung beträgt 2 w : 1 m z.B. (z.B. Lebrun, 1990; Schoor, 1996; Dopp & Gillberg, 1997; Kumpulainen et al., 1998; Black & Uhde, 1995).

                       Die interne Statistik unserer Praxis zeigt, dass in den vergangenen 20 Jahren das Geschlechterverhältnis bei 2 w : 1 m (67.6 % Mädchen zu 32.4 % Jungens) lag. Die Statistik sagt aber auch, dass in den vergangenen 5 Jahren der Anteil der Jungen angestiegen ist.

Im Gegensatz zum Geschlechterverhältnis  bei Mutismus wird  Autismus, frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom oder ASS (jetzt Autismus-Spektrum-Störung) bei Jungen öfter diagnostiziert als bei Mädchen. 

Nur selten ist Schweigen Sprachlosigkeit sondern selektiver Mutismus

Kind schüchtern scheu mutistischZumal es sich beim selektiven Mutismus um eine emotional bedingte Hemmung bzw. Angst vor sprachlicher Kommunikation handelt. Diese Klassifizierung als psychische Störung zeigt auch den notwendigen Behandlungsansatz, nämlich Psychotherapie.  Mutismus ist gekennzeichnet durch  Sprechen  nur mit bestimmten Personen und/oder in definierten Situationen (selektiv – ausgewählt).

Folglich entstehen so soziale Beeinträchtigungen. Über Jahre bestehend, hinterläßt der selektive Mutismus unweigerlich Spuren in der Gesamtpersönlichkeit. Monatelanges, jahrelanges, konsequentes Schweigen erfordert zudem eine ungeheure psychische  (seelische) und physische (körperliche) Energie, die auf Kosten anderer Bereiche, z.B. Lernen, gehen kann. Sprechen fällt auch als Mittel zum Wissenserwerb aus. So kann es auch, trotz gutem Potenzial, zu intellektuellen Defiziten kommen. Sprache ist das Mittel und das Werkzeug, mit der wir unsere Vorstellungen über die Welt und über uns konstruieren und fortschreiben. Wenn Sprache das Instrument ist, mit dem wir unsere Wirklichkeit abbilden, sondern auch die Grundlage unseres Denkens und unserer Wirklichkeit ist, dürften Sätze wie „Das wächst sich schon aus.“ oder „Lassen sie ihr/ihm noch Zeit.“ nicht fallen.

Verstummen ist eine Strategie zur Problemlösung – aber keine günstige Lösung.

Anfangs wird das Schweigen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter häufig als trotziges Willkürverhalten missverstanden und in seiner Bedeutung für die gesamtpersonale Entwicklung unterschätzt, obwohl die psychosozialen Folgen einer mutistischen Symptomatik gravierend sein können:

Selektiver Mutismus – Mögliche psychosoziale Folgen

  • soziale Isolation
  • erschwerte Kindergartenzeit
  • Depressionen
  • Schulprobleme, Schulverweigerung
  • Verweis auf eine Förderschule oder
  • Schule für verhaltensauffällige Kinder
  • reduzierte Berufsperspektiven.

Mutismus selektiver oder elektiver Therapie Psychopharmaka

Selektiver Mutismus – Weitere Informationen

Zum selektiven Mutismus, totalem Mutismus und weiteren Formen des Mutismus und Ausschlußdiagnosen erhalten Sie Informationen auf der Homepage des Mutismus Beratungszentrums (MBZ) www.mutismus.net

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